
Aus dem hl. Evangelium nach Johannes 17, 6a.11b – 19
Ich
habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt
gegeben hast. Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir
gegeben hast, damit sie eins sind wie wir.
Solange
ich bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben
hast. Und ich habe sie behütet und keiner von ihnen ging verloren,
außer dem Sohn des Verderbens, damit sich die Schrift erfüllt.
Aber jetzt gehe ich zu dir. Doch dies rede ich noch in der Welt, damit sie meine Freude in Fülle in sich haben.
Ich
habe ihnen dein Wort gegeben und die Welt hat sie gehasst, weil sie
nicht von der Welt sind, wie auch ich nicht von der Welt bin.
Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie vor dem Bösen bewahrst.
Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin.
Heilige sie in der Wahrheit; dein Wort ist Wahrheit.
Wie du mich in die Welt gesandt hast, so habe auch ich sie in die Welt gesandt.
Und ich heilige mich für sie, damit auch sie in der Wahrheit geheiligt sind.
Jesus - der Fürsprecher
Jedem
von uns ist die Bitte vertraut: Bet für mich! Ich kann es brauchen,
weil ich Sorgen habe, weil ich krank bin, weil ich eine Prüfung habe....
Das Evangelium stellt uns heute einen Fürbitter vor, an den wir kaum denken: Jesus!
Von
ihm hören wir, dass er zum Vater betet - nicht etwa für sich! Er betet
für seine Jünger, für seine Gemeinde - er betet für uns.
Er
steht vor uns als der wahre und einzige Fürsprecher beim Vater (vgl.
1Joh 2,1), wie er von den Urchristen ausdrücklich genannt wird.
Ob
das notwendig ist? Wir haben doch so viele Heilige als Fürsprecher -
allen voran Maria, die Mutter Jesu - und es werden immer mehr. Für jedes
Anliegen gibt es einen besonders zuständigen Heiligen. Pfuscht Jesus
denen nicht unnötig ins Handwerk?
Aber
müssten wir nach dem heutigen Evangelium nicht umgekehrt fragen: Haben
wir bei so einem Fürsprecher, wie Jesus es ist, die Heiligen überhaupt
noch nötig. Pfuschen nicht sie ihm ins Handwerk?
Wie konnte es bloß zu dieser Kompetenzstreitigkeit kommen?
In
den Evangelien sind die Leute mit ihrer Not direkt zu Jesus gekommen:
Herr, sie haben keinen Wein mehr (Joh 2,3)! Herr, mache meinen Sohn,
meinen Knecht, meine Tochter gesund Mt 8,8; Mk 5,23)! Herr, rette mich
(Mt 14,30)! Herr, ich möchte wieder sehen können (Mk 10,51)! Herr, ich
glaube. - Hilf meinem Unglauben (Mk 9,24)! Da hat es sonst keine
Fürsprecher gebraucht! Da hat Jesus genügt!
Und heute? Da braucht es Jesus nicht mehr. Da genügen die Heiligen!
Aber
gerade die Heiligen rufen uns einstimmig zu: Jesus allein genügt! Und
dass sie diesen Ruf konsequent gelebt haben – das hat sie heilig
gemacht.
Die
Heiligen sind die Mensch gewordene Verheißung des Herrn, bei uns zu
bleiben "alle Tage bis zum Ende der Welt"! (Mt 28,20) Damit unser Glaube
an die Gegenwart des Herrn wieder lebendig werde und wir durch diesen
Glauben zur wahren Freude finden. Oder tun wir uns schwer, Jesus in
seiner Heiligkeit so nahe bei uns auszuhalten? Weil wir ihn vor allem
als ständigen Vorwurf erleben an unsere Sündhaftigkeit und Schwachheit?
Es
ist für den Schwachen tatsächlich schwer einen Starken neben sich
auszuhalten vor allem, wenn er nicht glauben und annehmen kann, dass der
Starke ihn wahnsinnig liebt – und dass seine Stärke in eben dieser
wahnsinnigen Liebe besteht. Ich gehe gewiss nicht fehl, wenn ich sage,
dass die Liebe Jesu zu uns stärker ist als alles.
Die Anliegen im Gebet Jesus
Welche sind nun die Anliegen, in denen Jesus für uns zu Gott betet?
Wir
können sie aufzählen: Dass wir in Gottes Namen bewahrt bleiben (Joh
17,11b), dass wir eins sind (Joh 11,17c), dass wir voll der Freude Jesu
sind (Joh 17,13), dass wir vor dem Bösen bewahrt bleiben (Joh 17,15),
dass wir in der Wahrheit geheiligt sind (Joh 17,19).
Das ist Jesus für uns wichtig! Darum betet er!
Es fällt auf, dass Jesus nicht um Gesundheit betet, nicht um Erfolg oder Reichtum, auch nicht um schönes Wetter.
Immer
wieder höre ich bei Gesprächen früher oder später die Bemerkung:
Hauptsache gesund sein! Für Jesus ist das offenbar keine Hauptsache,
obwohl er in seinem Leben viele Kranke geheilt hat.
Wie viele Gesunde gibt es, bei denen das Glück meilenweit weg ist?
Wie viele Erfolgreiche und Geldreiche gibt es, bei denen von Frieden keine Spur zu finden ist?
Wie viele Menschen laufen nicht bei schönstem Wetter missmutig, unfreundlich und traurig umher?
Gesundheit, Erfolg, Wohlstand – recht und gut – aber das Gelbe vom Ei ist es offenbar doch nicht!
Denn wie viele Kranke leben nicht in tiefem Frieden?
Und bei wie vielen Armen ist eine echte Lebensfreude daheim?
Jesus
möchte uns wohl sagen, dass wir über den kleinen Werten unseres Lebens
die großen Werte nicht vergessen sollen – jene Werte, jene Schätze, die
dem Leben wahre Fülle schenken.
Wir
erleben diese wahren Schätze ja immer dort, wo uns Eintracht im
Zusammenleben geschenkt ist, wo ein Wort, eine Tat, ein Eindruck uns mit
tiefer Freude erfüllt. Da erkennen wir dann instinktiv, worauf es
eigentlich ankommt.
Worauf
es ankommt – das möchte Jesus uns mit seinem Gebet in Erinnerung rufen
und dass wir das auch in unserem Beten für uns und andere vor Gott
bringen.
Jesus - ein erfolgreicher Beter?
Wenn
wir uns fragen, wie es mit den Gebetsanliegen Jesu heute steht, dann
müssen wir auf der einen Seite wohl sagen: Wir sind noch weit von ihrer
Verwirklichung entfernt!
Denn was gibt es nicht an Uneinigkeit in unserer Kirche - geschweige denn in der Welt!
Wie sehr bedrückt uns oft Freudlosigkeit – die eigene und die der anderen!
Wie oft erleben wir uns nicht dem Bösen ausgeliefert!
Die Frage drängt sich auf: Hat Jesus schlecht gebetet? Oder hat sein Vater schlecht gehört?
Ich
meine: Jesus betet nicht über unsere Köpfe hinweg sondern durch unser
Herz hindurch! Jesus betet, damit wir sein Gebet zu unserem machen und
seine Anliegen zu den unseren.
Er möchte dass sein Gebet nicht gegen unseren Willen sondern mit unserem Einverständnis Frucht bringt!
Sein Gebet soll nicht in eine geistliche und moralische Vergewaltigung ausarten. Sein Gebet achtet unsere Freiheit!
Nützen
wir unsere Freiheit so, dass das Beten Jesu schon hier auf Erden mitten
unter uns erlebbare Wirklichkeit werde und stützen wir uns dabei auf
jene Kraft, die er uns verheißt: auf die Kraft des Heiligen Geistes!
Damit dieser Geist in uns beten kann, da wir selber ja nicht wissen,
worum wir in rechter Weise beten sollen (Röm 8,26).
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